Interviews Trainer:innen
Zeichnen zu können ist keine göttliche Gabe. Es ist 80% harte Arbeit.
illuskills trainer talk #2 mit Falk Holzapfel (Zapf)
Zapf ist Trainer bei illuskills. In Deutschland studierte er Lehramt, heute lebt er bereits seit einigen Jahren in Wien, schreibt Kinderbücher und illustriert diese auch. Zapf hat den sechsten Sinn für Geschichten die Kinder interessieren. Als Kinderbuchillustrator hat er im illuskills trainer talk über seinen Werdegang berichtet.
Zapf hat mich in sein Büro im Creative Cluster eingeladen. Wir trinken Tee und das Interview beginnt.
Intro & kreativer Hintergrund
Kathi: Zapf, erzähl mir bitte etwas über deinen Hintergrund, wie bist du zur Illustration gekommen?
Zapf: Zeichnen habe ich mit 17 als Hobby aufgenommen. Da habe ich zum ersten Mal ein „How To Draw“ Buch in die Hände bekommen. Ich erinnere mich, ich habe mit diesen Tipps ein Auge gezeichnet, das auch tatsächlich wie ein Auge ausgesehen hat. Mit Mitte 20 habe ich dann von einem Zeichner gehört, dass jede*r zeichnen lernen kann. Ich dachte davor, dass man mit dem Talent geboren wird. Entweder kann man zeichnen oder eben nicht. Dann habe ich mir eine Challenge gesetzt und jeden Tag gezeichnet. Harte Arbeit schlägt Talent.
Wie ging es danach weiter?
Ich habe Lehramt für Kunst und Deutsch studiert, Sport im Nebenfach. Meinen Schwerpunkt habe ich auf Lesemotivation gesetzt. Da kam mir nach und nach der Zugang, Illustration damit zu verbinden. Warum benutzt man nicht Illustration als Leseförderung? Als Abschlussarbeit habe ich auch ein illustriertes Buch gemacht.
Als das Studium zu Ende ging, hat sich eine Frage aufgetan. Wenn ich Lehrer werde, dann bin ich für 40 Jahre oder länger in diesem einen Job. Das Zeichnen war bis zu diesem Zeitpunkt eine Selbstverwirklichungsgeschichte. Ich habe mir 3 Jahre gegeben um auszuprobieren, ob das Zeichnen mein Job werden kann. Ich habe Nebenjobs gemacht, um Geld zu verdienen und Praktika bei Verlagen gemacht.
Dadurch habe ich Einblicke in die Brnache bekommen. Zudem war ich auf verschiedenen Buchmessen und habe mir ein kleines Netzwerk aufgebaut. Ich würde nicht sagen, dass ich mir alles selber beigebracht habe, weil ein Haufen Leute geholfen haben. Es ist ein Sammelsurium aus Texten, Büchern, Videos, dem Internet und vor allem das Wissen aus meinem Netzwerk von Illustrator:innen.
Deine Illustrationen zeigen oft Fabelwesen, sind das deine Lieblingsmotive?
Ich mag alle Geschichten, die für Kinder gemacht sind. Das ist auch ein Grund, warum ich Lehrer geworden bin. Kinder sind viel offener in ihrem spielerischen Zugang zur Welt, Erwachsene verlieren das oft. Ich mag alles, was mit Tieren zu tun hat, was fantastisch ist. Ich habe null Interesse an allem, was technisch ist. Autos oder Architektur, damit kann ich nichts anfangen.
Durch die Bilder erzähle ich Geschichten, zusätzlich vereine ich meine Illustrationen mit Geschichten. In Form eines Brettspiels, Comics oder Kinderbuchs.
Waren Geschichten und Fabelwesen Einflüsse deiner künstlerischen Entwicklung?
Ich habe als Kind unheimlich viel gelesen. Ich fand Zeichnen faszinierend, ich war mir nur einfach so sicher, dass das eine Sache von Talent ist. Aber Comics habe ich unfassbar geliebt. Gerade diese Kombination aus Bildern und Texten. Das hat mich unheimlich geprägt. Konkret fällt mir "Battle Chasers" ein.
Ich halte Comics tatsächlich für die Königsklasse von Illustrationen. Man muss Autos, Häuser, Szenerien, Figuren, Mimik & Co beherrschen. Das ist total schwer.
Zusätzlich habe ich selbst Geschichten geschrieben, die ich dann auch illustrieren wollte. Heute mache ich das, es hat jedoch 10 Jahre gedauert, bis ich so weit war.
illuskills
Zapf, wie kam es, dass du Trainer bei illuskills bist?
Als Lehrer ist das Unterrichten für mich natürlich. Ich kann so den Unterricht und die Illustration verbinden. Beim illuTisch bin ich mit Nana Swiczinsky ins Gespräch gekommen. So hat es sich ergeben, dass ich Trainer bei euch wurde.
Als ich am Anfang meiner Reise als Illustrator war, hätte ich das gebraucht. Eine Person, die Wissen hat und es weitergibt. Viele Trainer*innen bei illuskills kommen aus der Branche. Sie haben den Fuß in die Türe bekommen. Diese Tipps und Tricks sind Gold wert.
In einer kleinen Gruppe ist es möglich, individuell auf die Menschen, ihre Talente und ihre Wünsche einzugehen. In welcher Sparte wollen sie arbeiten? Vielleicht gibt es schon Projektideen, an denen man konkret arbeiten kann. Ich werde "Procreate" als Instrument dazu einsetzen.
Was macht dich als Lehrer aus?
Zum einen ist es die Motivation, andere Menschen zu motivieren. Aktuell ist das Thema der AI-Art beunruhigend in der Szene. In diesen Zeiten möchte ich den Teilnehmer*innen Rückenwind geben.
Es gibt Schüler*innen, die brauchen ein bisschen mehr Unterstützung und andere, die brauchen mehr Freiheiten.
Zusätzlich dazu hat jede*r eigene Baustellen, auf die man auch individuell eingehen können muss. Für mich ist das auch der große Vorteil an Unterricht vor Ort.
Man sieht, wo die Probleme liegen und die Chancen. Das direkte Feedback ist der springende Punkt. Ich sehe oft das Problem, dass Menschen in zu früh konkret werden und sich zu wenig mit Komposition, Aufbau & Co beschäftigen.
Also kann man in deinem Seminar eine Mischung aus Theorie und Praxis erwarten?
Procreate ist mitunter deswegen interessant, weil es so mobil und zugänglich ist. Im Vergleich zu Photoshop ist es eher ein Hügel als ein Berg. Die Pinsel sind schnell erklärt und viel versteht sich von selbst.
Ich möchte den Teilnehmenden mitgeben, wie sie Geschichten durch ihre Illustrationen erzählen, Sachen visualisieren und Ideen vorbereiten können. Ich würde es mit einem Schnitzmesser vergleichen. Das Tool ist einfach, aber wenn man weiß was man damit macht, kann man Großes schaffen.
Ich wusste auch nicht, wie Übung funktioniert. Übt man 12 Stunden lang, die eigene Hand abzuzeichnen, lernt man 11 Stunden davon gar nichts. Da ist es viel klüger, 10 Skizzen pro Stunde zu machen. So gewöhnt man sich nicht daran, die eigenen Fehler zu sehen. Du forderst Gehirn und Augen immer aufs Neue heraus. Bevor man Kleidung zeichnet, sollte die Anatomie passen. Sonst bleibt man immer an denselben Ecken hängen.
Workflow
Wie sieht denn dein Workflow aus?
Wenn ich selbst ein Buch schreibe und illustriere, zeichne ich zuerst die Figuren, bevor ich die Geschichte um sie herum aufbaue.
Wenn ich Aufträge als Illustrator bekomme, beginnt es meist mit einem Briefing. Mein erster Schritt ist immer Recherche. Wenn es um Tiere geht, suche ich Videos, mache Skizzen etc. Beispielsweise mache ich sowas im Procreate – das spart Papier und die ersten Skizzen sind oft nur rudimentär. Was macht einen Tigerkopf zu einem Tigerkopf – das ist meine Basis. Wenn die Skizzen realistischer werden, entwickle ich daraus die Figuren.
Danach befasse ich mich mit der Bildkomposition. Vordergrund & Hintergrund, was ist wichtig in dem Bild? Im Idealfall sende ich die Silhouetten und Skizzen an die Auftraggeber*in. Wenn das abgesegnet ist, klappt es eigentlich immer. Wenn die Silhouetten nicht stark genug sind, hilft keine Farbe oder kein Rendering.
Ich sehe es als Stufensystem. Ich kann testen ob, die Stufe stabil ist und mich trägt, dann geht es zur nächsten weiter.
Arbeit & Projekte
Woran arbeitest du aktuell?
Ich habe gerade zwei Projekte abgeschlossen. Eines davon war der dritte Band der Fantasy-Reihe, die ich schreibe. Jetzt schreibe ich eine Geschichte für 10-jährige, mit farbiger Innenillustration, das kommt im Frühjahr 2024.
Außerdem arbeite ich an einem Brettspiel und hier und da habe ich noch Gespräche für potenzielle Projekte.
Bücher verändern sich auch gerade, da wird aktiv mit Illustrationen gearbeitet.
Du bist Kinderbuchillustrator, wie bist du dazu gekommen? Wie hast du den Stein ins Rollen gebracht?
Ich kann da nur aus meiner Perspektive sprechen, aber mich hat Leseförderung immer interessiert. Eben auch durch meinen Hintergrund aus dem Lehramtsstudium. Ich wollte Geschichten schreiben, die für Kinder funktionieren.
Es gibt im Kinderbuchbereich einen Trend, Bücher zu machen, die aussehen als sollten sie Kindern gefallen. Viele Illustrator:innen arbeiten aus ihrem eigenen Geschmack: „was finde ich denn jetzt gerade süß“. Die Geschichten sind aber für Kinder. Da ist es klug, herauszufinden was Kinder mögen und spannend finden.
Ich blättere auch einfach in Buchhandlungen durch die Kinderbücher und schaue mir an, was sich da tut. Man darf auch ruhig auf dem ausländischen Markt recherchieren.
Welche Themen sind gerade relevant? Wie sehen die Programme der Verlage aus? Was soll mein Buch erzielen? Diese Fragen sind wichtig. Wenn man da die Hausaufgaben erledigt, wird es klappen.
Ich war oft auf Messen und habe mich viel mit Menschen unterhalten. Bei mir hat es funktioniert, ein Projekt vorzulegen. Nicht mit einem Cover aufzukreuzen, sondern in den Illustrationen schon die Geschichte erzählen. Das ist viel Fußarbeit. Netzwerken, Gespräche suchen.
Was ist das Beste und das Schlimmste an deinem Beruf als Illustrator?
Das Schlimmste ist tatsächlich, dass das ein Bereich ist, der nicht gut abgesichert ist. Wenn du Urlaub machen möchtest, musst du davor ordentlich reinarbeiten. Wenn du nicht arbeitest, passiert nichts. Es ist ein Einzelkämpfer*innen-Job.
Das ist aber auch das Beste. Du bist kein Rädchen in der Maschinerie und du hast Mitspracherecht. Ich kann meine Projekte wählen, das macht das Berufsbild so vielseitig. Brettspiele, Animation, Werbung. Es gibt unendliche viele Möglichkeiten.
Das selbständige Arbeiten muss man lernen. Rechnungen schreiben, Buchhaltung. Chaos kann da gefährlich werden.
Was war dein coolstes Projekt?
Mein erstes eigenes Buch. Das war der Wahnsinn. Ich habe jahrelang davon geträumt, als es dann passiert ist, war das wirklich unglaublich. Mittlerweile gibt es drei Bände von "Millenia Magika".
Sonst würde mir ein Projekt einfallen, als ich für ein Hotel in München ein Kinderbuch illustriert habe. Ich durfte dort ein paar Tage bleiben, mit den verschiedensten Menschen sprechen und das Hotel erkunden. Das war einfach richtig lustig.
Natürlich gab es auch Aufträge, die sich durch ihren geringen Lohn ausgezeichnet haben. Auf lange Sicht darf man das als Illustrator*in nicht machen. Man muss den Wert der eigenen Arbeit (er)kennen, sonst wird es das Gegenüber auch nicht tun. Faire Bezahlung darf kein Luxus sein.
Das Leben besteht nicht nur aus Illustration. Ich kenne sehr viele Illustrator*innen die durch die Belastung des Berufs nicht auf sich selbst achten. Das eigene Wohl muss immer an der Spitze stehen.
Tipps
Was inspiriert dich?
Oft sind es Geschichten, die in meinem Kopf entstehen. Ich versuche einfach aufmerksam zu sein. Wenn ich im Café sitze und einen lustigen Hund sehe, oder einen verrückt aussehenden Menschen, oder einfach eine interessante Form an der Mauer. Meine Kolleg*innen inspirieren mich auch sehr.
Ich nutze dafür auch Social Media. In einem gesunden Maß. Man darf sich nicht bremsen lassen. Auf Pinterest bin ich unterwegs, organisiere Illustrationen in verschiedenen Ordnern.
Du hast bereits erzählt, du hast viel geübt. Wieviel kann Übung ausmachen?
Total viel. Zeichnen ist keine göttliche Gabe. Es ist 80% harte Arbeit. Sicher, der Hang muss da sein. Die Motivation sich hinzusetzen, ist das wahre Talent. Die Fähigkeit, durchzuhalten.
Fällt etwas leicht, macht man es vielleicht nicht so gut, weil man es schon kann.
Community
Du hast über die Relevanz eines Netzwerks gesprochen. Pflegst du deines? Wenn ja, wie?
Es gibt da zwei Wege: digital und oldschool. Das ist eine Typsache. Man wird aber nicht darumkommen, mit Menschen in Kontakt zu treten. Gute Illustration reicht nicht. Man wird lernen müssen, den Mund aufzumachen und E-Mails zu schreiben. Ich gehe gerne auf Messen und lerne dort Menschen auch zufällig kennen. Meine Bürokolleg*innen kenne ich durch den illuTisch. Man kann es ja einfach ausprobieren.
Man muss ja nicht die Türe eintreten. Es gibt auch subtile Möglichkeiten, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Das kann auch lange dauern, aber es ist unglaublich wichtig. Man muss kein "Showman" sein, sondern ein netter Mensch. Es ist ein super Weg, die kommunikativen skills aufzupolieren.
Letzte Frage: Welche Plattformen nutzt du, wo findet man dich?
Ich habe eine Homepage, einen Instagram Account und einen ArtStation Account. Ich gehe zu Comic Messen im deutschsprachigen Raum, zur Frankfurter Buchmesse zu Spielwarenmessen etc. Das poste ich dann auch rechtzeitig auf Instagram. Außerdem findet man mich in jeder Buchhandlung.
Danke dir, für das Interview, Zapf.
Bitte gerne, danke für deinen Besuch.
"Wenn ich zeichne, verlasse ich die normale Welt. Zeichnen ist meine Superkraft."
illuskills trainer talk #1 mit Payam Boromand
Payam ist Illustrator, Comiczeichner und Künstler mit Leib und Seele. Im Talk spricht er über sein Studium der Malerei im Iran, den Beruf als politischer Cartoonist und seinen Weg nach Wien, zu illuskills.
Intro & kreativer Hintergrund
Kathi: Payam, du bist Trainer bei illuskills, möchtest du mir vorab über dich und deinen Hintergrund erzählen?
Payam: Mein Name ist Payam Boromand, ich bin 38 Jahre alt. Geboren bin ich im Iran. Dort habe ich ein Bachelorstudium in Malerei abgeschlossen. Danach habe ich über 15 Jahre als Illustrator und Cartoonist gearbeitet. Speziell als politischer Cartoonist. Bei verschiedenen Zeitungen, sowohl Print als auch online. Viele meiner Comics sind auf der Plattform "Cartoon Movement" zu finden. Dort können Comiczeichner:innen ihre Arbeiten hochladen und Medienoutlets können die Inhalte kaufen.
Ich bin 2014 nach Österreich gekommen und wollte anfangs auch hier als Cartoonist arbeiten. Beispielsweise habe ich für die US-Wahl 2016 ein Cover für den "Falter" entworfen.
Mittlerweile bin ich selbständiger Künstler/Illustrator. Zusätzlich unterrichte ich aber an der Kunst VHS und im Studio Linea. Nicht zu vergessen, bin ich seit diesem Jahr Trainer bei illuskills.
War dein akademisches Studium rückblickend gesehen wichtig? Was hast du davon mitgenommen?
Auf Universitäten oder Hochschulen, hat man die Chance Menschen kennenzulernen. Zu Beginn bist du eine leere Schachtel. Nach und nach lernst du dazu, bekommst Input. Am Ende meines Studiums war meine Schachtel voll. Das klassische Handwerk habe von meinen Professor:innen gelernt. Aber die jungen Kreativen haben Energie und wollen sich austauschen. Daran denke ich gerne zurück. Man kann zusammen in den verschiedenen Bereichen der Kunst in die Tiefe gehen. Um Künstler:in zu werden, braucht man die Vielfalt.
Ein Freund von mir hat Dramaturgie studiert, er hat mich dann gefragt ob ich nicht Lust hätte in einem Stück von ihm mitzuspielen. Wir haben es dann 30 Tage lang in einem Theater in Teheran aufgeführt. Das war gegen Ende meines Studiums. Ich musste verschiedene Bereiche kennenlernen. So wurde ich zum Künstler.
Hast du direkt nach deinem Abschluss begonnen, als Cartoonist zu arbeiten?
Ich habe die Arbeit zufällig gefunden. Eine Freundin hat mich angerufen und gefragt ob ich für eine Zeitung arbeiten möchte. Ich war gerade erst 20 Jahre alt und hatte gar keine Erfahrung – aber zeichnen konnte ich.
Ich musste jede Woche einen Cartoon zeichnen. Der Anfang als politischer Cartoonist war schwer, aber Schritt für Schritt habe ich meine Arbeit und den Begriff "Politik" mehr verstanden. Es war sehr zeitaufwändig, da ich täglich viele Nachrichten lesen musste, um das aktuelle Geschehen im Überblick zu haben.
Als ich nach Wien gezogen bin, habe ich mich entschieden, als Cartoonist aufzuhören. Nach über 15 Jahren wollte ich etwas Neues.
Ich habe viele Jahre damit verbracht, Menschen durch meine Kunst zu zeigen, was in der Politik weltweit passiert. Mit meinem Umzug war es an der der Zeit, diesen Abschnitt hinter mir zu lassen.
illuskills
Nun bist du ja Trainer bei illuskills. Wie kam es dazu?
Ich kannte Nana Swiczinsky, Bernd Ertl oder Zapf schon seit ein paar Jahren aus dem Internet. Dort habe ich auch ihre Kunstwerke gesehen. So bin ich auf illuskills gestoßen und war begeistert von dem professionellen Team. Ich wollte mich schon lange bei euch bewerben. Vor einem Jahr habe ich mich getraut. Zu diesem Zeitpunkt hat illuskills keine Trainer:innen gesucht, aber Nana hat nicht auf mich vergessen. Als dann die Anfrage kam, ob ich die Seminarleitung von "Figuren zeichnen analog" übernehmen möchte, habe ich direkt zugesagt.
Das gesamte Team besteht aus Profis. Ich freue mich, sowohl mit den Trainer:innen als auch Teilnehmenden Erfahrungen zu teilen und voneinander zu lernen. Die Teilnehmenden sind unter anderem bereits als Illustratorinnen, Grafiker tätig – oder möchten es in Zukunft sein. So können sie meine Tipps später in ihren Arbeiten anwenden und ihre Fähigkeiten ausbauen. Genauso kann ich von ihrer Kreativität profitieren.
Was erwartet dieTeilnehmenden deines Seminars?
In meinem Kurs werde ich den Leuten zeigen, wie sie die Welt besser sehen können. Ich glaube die Menschen sehen "nur" mit ihren beiden Augen. Ich weiß, da gibt es mehr. Ich nenne es das "dritte Auge". Dieses möchte ich öffnen, zusammen mit den Teilnehmenden. Der Prozess beginnt mit dem Sehen von Grundformen. Was ist der Würfel, der Kreis?
Außerdem erwartet die Menschen Musik. Ich habe immer Musikboxen dabei, das fördert den kreativen Prozess. Es wird wie eine Reise, mit Startpunkt und Ziel. Diesen Weg gehe ich Schritt für Schritt mit den Teilnehmenden.
Worauf freust du dich besonders?
Auf alles. Ich freue mich sehr dieses Seminar zu unterrichten. Das Erschaffen von Figuren. Ich bin auch sehr gespannt auf die Menschen. Ich habe Übungen vorbereitet, die ganz verschieden sind und bin aufgeregt zu sehen, wie sie bei den Teilnehmenden ankommen werden.
Vor dem ersten Treffen mit einer neuen Gruppe bin ich immer nervös. Du weißt nie, wer kommt. Stress möchte ich es nicht nennen, das klingt zu negativ. Ich würde es als positive Aufregung beschreiben.
Was ist das Schönste an deiner Arbeit?
Ich kann mit meiner Fantasie fliegen. Illustrator:innen haben die skills, ihre Fantasien in der Realität umzusetzen. Viele Menschen haben Ideen aber wissen nicht weiter. Wir können unsere Fantasie auf Papier zu bringen. Wir können anderen Menschen zeigen, was in unseren Köpfen passiert und wie wir die Welt erleben.
Was ist das Schlimmste an deiner Arbeit?
Ich sehe es als Aufgabe mit meiner Arbeit zu zeigen, was in der Welt passiert. Die schlechten Dinge die passieren, sind das Schlimmste an meiner Arbeit. Obwohl ich dadurch mit der Realität lerne umzugehen und sie akzeptiere. Selbst in den schlimmen Dingen steckt oft etwas Gutes.
Künstlerische Entwicklung und Workflow
Wenn du an deine Anfänge zurückdenkst, welche Einflüsse haben dich in deiner künstlerischen Entwicklung geprägt?
Ich habe immer Kunstwerke studiert, sie intensiv betrachtet. Diese Übung ist sehr wichtig für mich. Bevor ich selbst beginne zu zeichnen, durchforste ich mein Archiv. Dabei stoße ich auf neue Künstler:innen und deren Werke. Speziell möchte ich Paul Cezanne und Raffael nennen. Sergio Toppi war ein bekannter Comiczeichner, seine Arbeiten finde ich faszinierend. Ich lege mich aber nicht auf eine Stilrichtung oder Epoche fest, auch um neue Techniken und Materialien zu finden.
Stichwort Technik – mit welche(n) arbeitest du und warum?
Ich habe immer eine Tasche dabei mit unterschiedlichsten Materialien. Material ist für mich nicht so entscheidend – ich sage meinen Kursteilnehmer:innen immer: Nimm was dir als erstes in die Hände kommt. Die Personen dürfen verwenden was sie möchten –Kugelschreiber oder Aquarell.
Früher habe ich sehr viel mit Pinsel und Tusche gearbeitet. Damit zu zeichnen ist wie Meditation. Jeder Strich entsteht in einer fließenden Bewegung, die dennoch viel Konzentration verlangt. Ich arbeite am liebsten analog. Ich liebe Papier.
Für meine Projekte als Illustrator arbeite ich digital. Im ersten Schritt zeichne ich immer auf Papier, ich muss das Material fühlen, es verstehen. Später übertrage ich es digital.
Arbeit als Selbständiger Künstler & Illustrator
Arbeitest du oft auf Auftragsbasis?
Das ist ganz verschieden. Im Sommer habe ich mehr Zeit an meinen Projekten zu arbeiten. Im Herbst oder Winter ist mehr zu tun. Ich arbeite in einem ausgeglichenen Verhältnis aus Aufträgen als selbständiger Illustrator, Künstler und Lehrer.
Aktuell arbeite ich an einem Projekt für die Front eines Restaurants. Ich wähle meine Aufträge gezielt aus. Ich bin zwar offen, aber mache nur Aufträge, die mir wirklich gefallen. Ich bin sehr selektiv.
Was macht gute Kund:innen aus?
Ich habe eine Illustration für das Restaurant "Orient Occident" am Naschmarkt gestaltet. Ich kenne das Restaurant und der Besitzer ist ein Freund von mir. Er ist auf mich zugekommen und hat mir den Auftrag gegeben. Jedes Mal wenn ich vorbeigehe, bin ich stolz. Ich habe schon oft Tourist:innen gesehen, die vor der Wand Fotos gemacht haben.
Bekommst du oft Austräge aus deinem Umfeld vermittelt?
Das ist ganz verschieden. Meistens kontaktieren mich Auftraggeber:innen per Mail. Manchmal schreibe ich aus eigener Initiative Nachrichten, sozusagen Bewerbungen an Firmen oder Werbeagenturen. Die Suche ich ganz klassisch, via Google. Ich kontaktiere nicht nur lokale Unternehmen, sondern auch in Deutschland, generell international.
Woher sollen Kund:innen wissen, dass ich Payam bin und in Wien lebe. Als Künstler:in muss man wissen, wie man sich selbst vermarktet.
Wie bewirbst du dich und deine Kunst?
Über mein Instagram funktioniert es am besten. Dort poste ich täglich Content. Meine Homepage ist in meinem Profil verlinkt.
Projekte
Neben Aufträgen, arbeitest du aktuell an eigenen Projekten?
Ich arbeite seit einem Jahr an einem Projekt. Es sind Skizzen, die ich in der U-Bahn gemacht habe, gesammelt in einem Buch. Es heißt "U6". Damit habe ich in der Corona-Zeit begonnen. Da keine Zeichner:innentreffen stattgefunden haben, habe ich begonnen Menschen in der U-Bahn zu zeichnen. In den vergangenen Jahren hat mir das Zeichnen viel Kraft gegeben. Ich konnte meine Gedanken und Gefühle "niederzeichen".
Wenn das Projekt fertig ist, möchte ich eine Ausstellung organisieren.
Du hast gerade gesagt, du besuchst Zeichner:innentreffen. Bist du Teil einer kreativen Community in Wien?
Ich versuche jeden Monat zum illuTisch zu gehen. Davon hast du bestimmt schon gehört. Dort sind immer viele gute Illustratoren und Comiczeichnerinnen. Ich bin seit 2014 in Wien und habe nach und nach Personen aus der Szene kennengelernt.
Ansonsten bin ich Teil von Online Communities, auf der ganzen Welt verteilt. Ich bin mit vielen Personen vernetzt, wir teilen unsere Arbeiten und helfen einander.
Ich habe auch Kontakt mit Künstler:innen aus dem Iran. Ich sehe das als wichtigen Feedbackprozess. Wir schicken uns gegenseitig Skizzen, beispielsweise um zu testen, ob eine Idee funktioniert.
Tipps
Wo holst du dir Inspiration?
Menschen haben Angst vor dem weißen Papier – das leer bleibt. Ich habe dazu einige Übungen entwickelt. Es beginnt mit einem Strich, vielleicht entwickelt sich eine Form, vielleicht auch nicht. In dem Gezeichneten wirst du eine Form erkennen. Du musst deiner Hand vertrauen. Ein Block hat viel Papier. Nicht aus jedem wird ein Kunstwerk. Nimm einen Stift, lass das Bild entstehen. Die Inspiration steckt in dem Menschen selbst.
Denk an deine Anfänge zurück. Was würdest du deinem Vergangenheits-Ich mit auf den Weg geben?
Als Zeichner:in muss man einen Begriff verstehen: Proportion. In meinem Studium war das nicht der Fall, uns hat das damals niemand erklärt. Für mich war es lange eine Herausforderung, Proportionen in einer Form zu finden. Das würde ich dem jungen Payam raten. Darin liegt der Schlüssel. Stattdessen musste ich selbst verstehen wo das Problem war. Ich habe es täglich geübt, immer wieder. Plötzlich hat es dann funktioniert, von einem Tag auf den anderen. Ich habe nach und nach erkannt, warum ich zeichne.
Warum zeichnest du?
Ohne Zeichnen kann ich nicht leben. Es ist wie atmen. Wenn ich zeichne, verlasse ich die normale Welt. Zeichnen ist meine Superkraft. Musiker:innen brauchen ihr Instrument. Als Zeichner brauche ich Stift und Papier. Wir müssen nicht reden. Ich kann durch meine Bilder Gefühle auslösen. Das ist wundervoll.
Welchen Rat hast du für eine Person, die ganz am Anfang steht und in der Szene Fuß fassen möchte?
Man muss viel Geduld haben. Man muss Menschen vertrauen. Ich versuche meinen Schüler:innen eine Vertrauensperson zu sein. Mein Rat ist, nicht in kaltes Wasser zu springen, sondern Schritt für Schritt hineingehen. Auch wenn es schwer ist, man darf die Hoffnung nicht aufgeben.
Lieber Payam, vielen Dank für dieses angenehme und interessante Gespräch.
Ich bedanke mich.